Vor ca einer Woche habe ich das erste Mal von der SBB Service Scouts Kampagne gehört, denn auf einmal hat man sich in meiner Twitter Timeline darüber unterhalten. Natürlich habe ich mich für meine „Freunde“ gefreut, immerhin ist sowas eine coole Aktion. Ich dachte da aber, dass diese Kampagne eine freiwillige Kampagne ist von Leuten die täglich mit der Bahn fahren und Dinge da auch wirklich erleben. Aber dann war es auf einmal still in meiner TL – bis gestern.

Gestern hat der Blick dann veröffentlich, dass diese SBB Service Scouts Kampagne eben keine wirkliche Mystery Shopping Kampagne ist, sondern nur eine billige Schönwetter-Marketing-Kampagne… Und zwar hat der Blick enthüllt, dass die Teilnehmer ein GA zweiter Klasse und 400 Franken zusätzlich für Reserva­tionen oder Klassenwechsel bekommen (Total: 4’000 CHF pro Service Scout) – eine Schlüsselinformation über die Kampagne die man bisher geheimgehalten hat.

Zuerst einmal herzlichen Glückwunsch liebe Service Scouts für die Teilnahme! 1 Jahr gratis Zug fahren ist ne coole Sache!

Aber, so nicht!

Ja liebe SBB, ihr seid ein echter lustiger Haufen. Ihr wollt dass eure Service Scouts über euch neutral bis kritisch berichten, aber dann schreibt ihr nicht öffentlich hin, dass es eine Marketing Kampagne ist??? Himmel ich will jetzt irgendwie gar nicht mehr wissen, was für sonstige Infos noch von euch geheim gehalten wird. Bekommen die Teilnehmenden Scouts eure Marketing Texte bereits vorgeschrieben? Werden die Tweets und Blogposts von euch vorzensiert? Die Regeln sind hier überhaupt nicht klar. So kann man gleich SBB Mitarbeiter hier als Service Scouts anpreisen.

Auch habe ich gedacht, dass man Scouts aus dem Pool der Leute ausgewählt hat, die da vor der Kamera über die SBB gelästert haben.

https://www.youtube.com/watch?v=veL6tv7EF2I

Aber auch das ist nicht so, denn ich habe mir die Teilnehmer mal genauer angeschaut und ich habe mal eine Liste der Berufe gemacht, die diese Scouts ausüben. Und dabei ist folgendes herausgekommen

  • 1x Werbetexter/IN
  • 4x Social Media Manager
  • 1x Rentner
  • 2x Blogger
  • 1x Journalist
  • 1x Berater

Nun was merkt man wenn man diese Liste anschaut? Genau es ist nur eine Online Kampagne und „fast“ nur Leute aus dem Marketing. Und dann gibts noch 2 Blogger und der Rentner – man kann fast sagen diese 3 Leute sind die Alibi-Teilnehmer dieser SBB Kampagne. Und die restlichen 2/3 der Teilnehmer sind alles nur sogenannte (umgangssprachlich) Marketing-Fuzzis.

Also hier wird man wohl auch nichts kritisches erwarten können, immerhin könnte man da seine Auftraggeber oder potentiellen Kunden / Kontakte verärgern. Nur wenige Leute stehen mit ihrem Namen hin und sagen öffentlich was Mist ist und was Gut ist, immerhin könnten sie sonst Ärger mit ihrem Auftraggeber, Beruf bekommen. Ich selbst weiss wirklich genau was für Sissi’s in der Social Media Community in der Schweiz aktiv sind. Alles ist immer nur schön und nett und gut und freundlich – Ehrlichkeit sucht man in diesem Kreis vergebens. Man will ja nicht was direktes kritisieren, den sonst könnte man ja gehasst werden und vom Zirkel der Experten ausgeschlossen werden (wie schön das es für mich da eh schon zu spät ist, ich habe dank meines kritischen Bloggertum da eh keine Freunde sondern werde gehasst wie der Teufel…)

Fazit

Ja zuerst einmal darf ich ruhig sagen, dass ich die Aktion eigentlich eine gute Idee finde, leider wurde diese Idee mangelhaft umgesetzt.

Ja es ist wichtig, dass ein Unternehmen in dieser Grösse ein paar Mystery Shopper hat – so bekommt das Unternehmen schnell direktes Feedback. Ja Mystery Shopper werden bezahlt – und sie gehen einkaufen und weisen sich dann auch nach dem Einkauf sofort aus. Ich habe vor fast 10 Jahren auch ein wenig Mystery Shopping für Unternehmen betrieben (damals als ich noch jung und hübsch war). Und da sie fürs kritisieren direkt bezahlt werden, gibts auch ehrliche Resultate. Da aber diese Service Scout alles öffentlich tun, wird man mit den Kritiken vorsichtig sein und lieber mal alles schön zensieren und aufpeppen als mal was wirklich negatives zu erwähnen.

Auch verhält sich die SBB bei dieser Kampagne hier wie eine Bank – alle Infos werden nur verschwiegen und nur nach Druck rückt man mit der Sprache heraus. Denn so ist das keine offene Kampagne sondern halt nur Marketingblabla.

Update: 30.3.2016

Beim schreiben dieses Artikel ist mir noch ein kleiner Fehler unterlaufen, den ich hier korrigieren möchte. Und zwar gehts um den nachfolgenden Abschnitt.

Das sieht man gut, so ist einer der Teilnehmer bei Watson angestellt (Korrektur: Er war bis kurz vor der Kampagne da – jetzt bei einer andere Medienagentur angestellt – äxgüsi!) und die haben erst nach dem Blick einen Artikel über diese Kampagne geschalten. Anstatt also was kritisches zu schreiben, wird das auch verschwiegen und muss dann halt doch was darüber schreiben – nachdem eine andere Zeitung darüber geschrieben hat (man könnte ja sonst Klicks verlieren). Hier sieht man schon gut, wie die Teilnehmer alles durch die rosa Brille sehen müssen und ja nichts kritisches schreiben dürfen/werden.

Als ich die Teilnehmer durchgeklickt habe, habe ich bei einem gesehen, dass er als ein Watson Mitarbeiter ist – ich Depp hab leider überlesen, dass er das war und nicht mehr dabei ist. Damit ist dieser Orange Absatz jetzt totaler Müll und ist falsch und überflüssig. Ich hab zwar schon eine keine Korrektur geschrieben – die da in der Klammer – aber das war zu wenig offensichtlich – darum schreibe ich das hier nochmals und klarer rein. Äxgüsi für den Fehler…

Schönwetter Kampagne

Also man sieht jetzt knapp 10 Tage nach dem Start dieser Kampagne, dass das alles nur eine gspürsch-mi fühlsch-mi Kampagne ist, wo es nicht um Kritik und ehrlichem Feedback geht, sondern halt reines Marketing-Blabla wie man schon seit Jahrhunderte betreibt.

Schade, hier hat man wirklich eine Chance vertan und so gibts keine ehrliche Kritik wie dreckige Sessel, unfreundliches Personal, stinkende WC – sondern man schreibt lieber wie sehr man sich auf die neue SBB App freut, postet schöne Ausflugsbildli oder macht auf Twitter Fake Kundenanfragen – halt alles durch die Rosa-Brille gesehen…

Tjo liebe SBB

Diese Kampagne ging mächtig in die Hose. Entweder ihr holt euch noch wirklich unabhängige und mutige Leute und keine Fanboys in euer Service Scout Team und sonst ist die gesamte Kampagne nicht mehr wert als wenn ihr Harrison Ford und Daisy Ridley (Star Wars) holt, die die SBB und ihre Leistungen in einem TV Spot bewerben…

Disclaimer

So übrigens ich bin KEINER der Service Scouts der SBB und ich werde auch nicht von der LKW Gewerkschaft bezahlt, um die SBB zu kritisieren. Aber ja, wenn man mich fragen würde, ja dann würde ich da schon mitmachen 🙂 und weiterhin kritisch schreiben (sonst wäre ich ja auch unglaubwürdig). Aber ich vermute ich werde hier nicht von der SBB angefragt – dafür fehlt ihr den Mut – immerhin habe ich in diesem Blog schon öfters kritisch über die SBB berichtet.

p.s unter dem Twitter Hashtag #SBBservicescout sieht man was die Leute darüber twittern.

p.p.s Jetzt wurde übrigens der Hashtag gekapert und ich habe dazu was geschrieben Wenn Hashtags gekapert werden – Beispiel SBB Service Scouts Kampagne